Prof. Dr. med. Jürgen Apitz
* 25. 6. 1932 † 6. 9.2014
Am 06.09.2014 verstarb Prof. Dr. Jürgen Apitz, emeritierter Ordinarius für Pädiatrische Kardiologie der Universität Tübingen im Alter von 82 Jahren.
Mit ihm verlässt uns eine der prägenden Persönlichkeiten, die dieses Fachgebiet in Deutschland etabliert und entwickelt haben.
In Burg bei Magdeburg geboren und in Uelzen aufgewachsen studierte Jürgen Apitz Medizin in Göttingen. Wie nur wenige wußte er schon von den „medizinischen Kinderschuhen“ an, auf welche Richtung der Medizin er hinauswollte. Bereits als Student war er Mitarbeiter der damaligen kardiologischen Arbeitsgemeinschaft der Universitätskliniken Göttingen und finanzierte sich damit teilweise sein Studium. In der Kinderklinik schloß er sich sofort der von Prof. Dr. G. Joppich sehr geförderten kardiologischen Arbeitsgruppe unter dem frisch aus den USA zurückgekehrten Prof. Dr. A.J. Beuren an und machte sich so mit den modernsten kardiologischen Untersuchungsmethoden vertraut. Der Senkung der hohen Letalität der herzkranken Säuglinge galten sein klinisches Engagement und sein wissenschaftliches Interesse. Seine Arbeiten über mehr als 1000 Säuglinge mit Vitium cordis aus dem Göttinger Krankengut waren damals die ersten und umfassendsten.
Diesem Ziel diente auch die Verbesserung der diagnostischen Maßnahmen: Die Farbstoffverdünnungsuntersuchung im Kindesalter (mit Entwicklung einer
Methode zur Berechnung von R-L-Shunts) wurde sein Habilitationsthema.
Daneben erprobte er mit A. J. Beuren die transseptale Punktion im Tierversuch und führte sie in die Kinderkardiologie ein. Durch sie konnte man allein
von einem venösen Zugang aus das Herz vollständig untersuchen
Ein Jahr nach seiner Habilitation wechselte er 1966 nach Tübingen, wo er in intensiver Aufbauarbeit die südwestdeutsche Schwerpunktabteilung aufbaute, die durch die Einrichtung der Tübinger Herzchirurgie 1970 mit Prof. Dr. H.-E. Hoffmeister erst richtig funktionstüchtig wurde. 1971 wurde er zum apl.-Professor ernannt , 1972 auf das in Deutschland zweite Ordinariat für Kinderkardiologie berufen. Es folgten Einrichtung und Ausbau einer Kinderkardiologischen Intensivstation, eine sechsjährige Tätigkeit als Klinikumsvorstand (1979-1985) und schließlich 1988 der Umzug der Abteilung in das neuerbaute Klinikum Schnarrenberg.
Jürgen Apitz‘ wissenschaftlicher Weitblick wird durch die Arbeitsschwerpunkte der Tübinger Abteilung deutlich, die er anregte, förderte, mit vieler Antrags- und Organisationsarbeit auf den Weg brachte und unterstützte.
In Zusammenarbeit mit dem Biomedizinischen Institut an der Universität Stuttgart wurde zunächst die computergestützte Auswertung des Frank-EKGs betrieben, danach in einem großen, vom BMFT über mehrere Jahre geförderten Projekt die computergestützte Intensivüberwachung der herzoperierten Säuglinge, in dem man sich schon Mitte der siebziger Jahre (!) besonders um nichtinvasive Überwachungsmethoden (transkutaner p02, pC02, RR) bemühte.
Ein zweiter Schwerpunkt war die Bildgebung: 1976 führten wir die Echokardiographie in die klinische Routine ein, 1985 war Jürgen Apitz erfolgreicher Mit-Antragsteller für den ersten Kernspintomographen für die Universität Tübingen; hier sah er eine auch für die Kardiologie zukunftsweisende Untersuchungsmethodik.
In über 300 Publikationen, der gleichen Anzahl an Vorträgen sowie zahlreichen Buchbeiträgen und einem umfangreichen Textbuch zur Kinderkardiologie hat sich Jürgen Apitz´ nimmermüder wissenschaftlicher Einsatz niedergeschlagen. Die Wertschätzung, die man ihm im Kollegenkreis entgegenbrachte, dokumentierte sich im zweimaligen Vorsitz der Deutschen Gesellschaft für Kinderkardiologie (1977-79 und 1989-91) und in dem 1986 an ihn ergangenen Ruf auf den Lehrstuhl für Päd.Kardiologie an der Universität Göttingen. Lange hat er mit der direkten Nachfolge seines geschätzten Lehrers geliebäugelt, sich dann schließlich im Hinblick auf die Umzugssituation seiner Abteilung ins neue Klinikum aber doch für Tübingen entschieden. Nach seiner Emeritierung wurde er zum Ehrenmitglied unserer Gesellschaft ernannt.
Jürgen Apitz trat immer als ein zurückhaltender und ruhiger Mensch auf. Dadurch war er ein angenehmer Chef, der nie aufbrauste oder einen Assistenten abkanzelte. Immer trat er für sein Mitarbeiter solidarisch ein und behandelte sie fair. Im kleineren Kreis kam sein tiefgründiger Humor zum Tragen. Er ließ sein großes Wissen und seine Erfahrung in den klinischen Alltag einfließen
und war gegenüber allen Neuentwicklungen aufgeschlossen, ohne sie kritiklos zu übernehmen. Zahlreiche Kinderärzte und Kinderkardiologen sind aus seiner Abteilung hervorgegangen.
Für die Eltern seiner kleinen Patienten hatte er immer ein offenes Ohr und unterstützte die Arbeit der Elternverbände. Er setzte sich für eine angemessene Einstufung der kleinen Patienten im Schwerbehindertenrecht ein und unterstützte die Einrichtung einer Familien-orientierten Rehabilitation. Er war langjähriges Mitglied im Beirat des Bundesverbandes Herzkranke Kinder e.V.
Unsere Anteilnahme gilt insbesondere seiner lieben Frau und der ganzen Familie, für die er stets in großer Fürsorge zur Verfügung stand. Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie wird ihm ein ehrendes Gedächtnis bewahren.
Prof. Dr. A.A.Schmaltz, Essen, Prof. Dr. M.Hofbeck, Tübingen